Ernst Becker

Ernst Becker – Dienstzeit: April 1851–Januar 1860

Der 1826 in Darmstadt geborene Ernst Becker studierte in Gießen Kameralwissenschaften und erwarb darin auch seinen Doktortitel. Bei Heinrich Buff und Justus Liebig absolvierte er im Anschluss ein weiteres Studium in Physik und Chemie, das ihm den Weg an den englischen Hof ebnen sollte. Prinz Albert nämlich suchte unter anderem bei Justus Liebig nach Empfehlungen für einen neuen Privatsekretär und Liebig empfahl dem Prinzen, es mit Ernst Becker zu versuchen.

Bevor Becker jedoch seinen Dienst antrat, verbrachte er fast ein halbes Jahr in Edinburgh, wo er sein Englisch verbesserte und von den beiden Medizinern George und Andrew Combe in die Phrenologie eingeführt wurde. Diese wurde auch Lokalisations- oder Schädellehre genannt, ist nach heutigem Verständnis eine Pseudowissenschaft, war in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts aber durchaus bedeutend. Becker benötigte dieses Wissen, denn er sollte ein phrenologisches Gutachten über den Thronfolger Albert Edward, den späteren König Edward VII, erstellen. Auftraggeber waren dessen Eltern Queen Victoria und Prinz Albert, die sich Sorgen um „Berties“ geistige Fähigkeiten machten.

1851 trat der junge Becker dann seinen Dienst im Buckingham Palace an, wo vielfältige Aufgaben auf ihn warteten. Er übernahm den naturwissenschaftlichen Unterricht für Victorias und Alberts Kinder, kümmerte sich als Bibliothekar um die Anschaffung englischer und deutscher Bücher, katalogisierte und ordnete die gesamte Bibliothek neu, weil die bisherige Nutzung laut Becker zu zeitaufwendig war.

Die Tatsache, dass Becker zudem ein passionierter Fotograf war, führte dazu, dass Albert ihn offiziell mit dem fotografieren beauftragte und er ein Fotolabor im Buckingham Palace und in Schloss Windsor einrichten konnte. Dafür wurde er von Albert 1855 nach Paris geschickt, um sich bei Louis Daguerre über dessen neustes Verfahren zu informieren: die Daguerreotypie. Mittels dieses ersten kommerziell genutzten Verfahrens in der Fotografie, porträtierte er viele Mitglieder von Alberts und Victorias Familie aber auch des königlichen Haushaltes und wurde ein erfolgreicher Fotograf.

Sein alter Professor Justus Liebig war es, der Becker ermutigte, seine wissenschaftliche Karriere in Deutschland fortzusetzen, was er ab Januar 1860 dann auch tat. Nur zwei Jahre später kehrte er, auf ausdrücklichen Wunsch Alberts, in den Dienst der königlichen Familie zurück und wurde Berater und Sekretär von Alberts und Victorias zweiter Tochter Alice. Mit ihr kehrte er nach ihrer Heirat mit Großherzog Ludwig IV. von Hessen und bei Rhein nach Darmstadt zurück. 1888 starb Becker im Alter von 62 Jahren in Bensheim-Auerbach.

Ernst Becker mit Prinz Alfred und Prinz Albert Edward